Überraschendes aus dem Hause Bach
Auf dem Notenständer von Marion Beyer liegt meist ein Werk von Wilhelm Freidemann Bach, darunter auch häufig die „Zwei Sonaten für Querflöte und Basso continuo“.
Lesen Sie darüber, wieso sich unsere Mitarbeiterin Marion Beyer gerne die Zähne an den Zwei Sonaten für Querflöte und Basso continuo von Wilhelm Friedemann Bach ausbiss…
Seine Werke gelten als bizarr, virtuos und schwer fassbar: Wilhelm Friedemann Bach ist ein Komponist, den man gerne als „sonderbar“ und „eigenwillig“ einstuft, und daran hat sich auch in der gegenwärtigen Rezeption, die 2010 zum 300. Geburtstag einen großen Aufschwung erlebt hat, nichts verändert. In den vergangenen zwei Jahrzehnten wurden mehr und mehr Werke neu entdeckt und der Musikwelt in Noten und Aufnahmen erschlossen. Einen großen Anteil daran hat Carus insbesondere mit der Edition der Gesammelten Werke Wilhelm Friedemann Bachs, herausgegeben vom Bach-Archiv Leipzig in Verbindung mit dem Forschungsprojekt Bach-Repertorium der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, und einer CD-Reihe.
Für mich geht von den Flötenkompositionen des ältesten Bach-Sohnes ein besonderer Reiz aus, und mindestens eines seiner Werke liegt immer auf meinem Notenständer zum Spielen und Üben bereit. In meinem Querflötenstudium kam ich zunächst mit den 6 Duetten in Berührung (Carus 32.201/00, Carus 32.202/00), deren Besonderheit in der kontrapunktischen Struktur der Stimmen liegt und von denen ein hoher technischer Anspruch ausgeht. Ich habe mich schlichtweg nicht satt spielen können an den kurzweiligen Duetten. Virtuosität und Raffinesse sind auch charakteristisch in den beiden Flötensonaten in e-Moll und F-Dur (Carus 32.217/00), die jeweils aus einem schnellen Anfangs-, einem langsameren Mittelsatz und wiederum einem schnellen Schlusssatz aufgebaut sind. An den vielen großen Tonsprüngen und kniffligen Motivverbindungen kann man sich als Flötist wahrlich die Zähne ausbeißen. Die Sonaten sind für Flötenkompositionen, die in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden sind, spieltechnisch ungewöhnlich herausfordernd, aber eine wahre Entdeckung wert. Sie sind Zeugnis für den höchst individuellen Kompositionsstil Friedemann Bachs, der ihm eine Sonderstellung innerhalb der Bach-Familie und überhaupt für die Musik des anfänglichen 18. Jahrhunderts eingeräumt hat.
Ich habe die Sonaten oft in Programme kammermusikalischer Konzerte eingebaut, gerne neben Werke Johann Sebastian oder Carl Philipp Emanuel Bachs gestellt, um die Vielseitigkeit des Komponisten aufzuzeigen, und dabei nicht selten Verwunderung, Verblüffung und Überraschung der Hörer erlebt. Die Werke Friedemann Bachs entziehen sich jeden Vergleichs mit Zeitgenossen, sie stecken voller musikalischen Witz und dürfen entdeckt werden! Dafür bieten unsere Editionen mit dem Herausgeber und Bach-Forscher Peter Wollny eine hervorragende Grundlage.
Marion Beyer studierte Musikwissenschaften und Querflöte mit dem Schwerpunkt Alte Musik und ist seit September 2015 in der Abteilung Kommunikation verantwortlich für das Online-Marketing.
Ja, Friedemanns Flötenduette… Seine Musik fasziniert mich von Jugend in den 80ern an. Immerhin sendete Radio2 in Spanien mal eine auf Klavichord aufgenommene Fantasie in d-moll. Dann fand ich die reizvollen Duette und trug einige Sätze 1986 an der Deutschen Schule Barcelona für Jugend Musiziert vor, gemeinsam mit einer Blockflötistin, die auch voll studieren würde. Ich scheute mich nicht, gute Musik schlichtweg auf meiner Sopranblockflöte zu spielen. Von W. F. Bach sind auch 3 Duette für Bratschen bekannt. Sie sind von den Motiven und der Verarbeitung her den Flötenduos sehr ähnlich, haben keine Doppelgriffe, und scheinen einfach transponiert worden zu sein. Bei IMSLP kann oder konnte man man sie von Martin Grayson für zwei Blockflöten bearbeitet finden::