Die Kraft der Musik

Reiner Leisters Lieblingsstück ist Georg Friedrich Händels „Alexanderfest“

Zum Lieblingsstück ist für Reiner Leister ein ganz bestimmter Satz aus dem Alexanderfest geworden, bei dem er sich während seiner Chorproben schon nicht das Grinsen verkneifen konnte: „The many rend the skies“ (Der ganze Chor erheb’ ein Lobgeschrei). Und während der deutsche Text zum Schmunzeln animiert, reißt die Energie der virtuosen, polyphonen Musik mit!

Mein Lieblingsstück stammt aus Händels Alexanderfest (Alexander’s Feast), mit dem Händel am 19. Februar 1736 seine Oratorienspielzeit im Theater von Covent Garden eröffnete. Händel verwendete einen Text, der in England zu seiner Zeit glühend verehrt wurde. Er konnte sich darauf verlassen, dass das Londoner Publikum auf die Vertonung neugierig sein würde. Die Neugierde wuchs zum Enthusiasmus, und das Alexanderfest wurde zu einem der beliebtesten Werke Händels überhaupt.

Der Text, aus dem Händel das Libretto entwickeln ließ, stammt von John Dryden. Die Ode hat den Titel Alexander’s Feast, or, The Power of Music; ein Werk also, das der Kraft der Musik und der hl. Cäcilia, der Patronin der Musik, gewidmet ist. Wie sich die Kraft der Musik entfaltet, wird anhand eines Festes dargestellt, das Alexander der Große anlässlich seines Sieges über die Perser (330 v. Chr.) veranstaltet. Händel lässt uns erleben, wie der Weltgeschichte renommiertester Feldherr von der noch mächtigeren Musik durch alle Höhen und Niederungen menschlicher Leidenschaften getrieben wird.

Zum Lieblingsstück ist für mich in diesem Jahr ein bestimmter Satz aus dem Alexanderfest geworden: „The many rend the skies / Der ganze Chor erheb’ ein Lobgeschrei“. Zugegeben: Der deutsche Text animiert zum Schmunzeln, und natürlich würden wir heute bei einem virtuosen, polyphonen Chorsatz nicht von Geschrei sprechen. Bei den Chorproben musste so mancher ein Grinsen unterdrücken. Gleichwohl hat das Stück eine Energie und Lebensfreude, die mitreißt und davonträgt. Dass Händel mit dieser verblüffenden Leichtigkeit seiner Tonsprache eine solche Ausdruckstiefe erreicht, ist atemberaubend. Für mich wird die „Macht“ und die emotionale Kraft der Musik hier ganz klar und deutlich.

Am Schluss versinkt die Welt des Altertums und wird übertönt von lichten, fast überirdischen Flötenklängen, und Cäcilia führt den Menschen über sich hinaus zur „reinen“ Tonkunst. Griechische Schönheit und Lebensfülle zum einen und die durch Caecilia repräsentierten christlichen Werte zum anderen finden einen gemeinsamen Ausdruck in der Musik.

Dr. Reiner Leister ist im Carus-Verlag seit Oktober 2019 verantwortlich für den internationalen Vertrieb. In seiner Freizeit ist er außerdem selbst begeisterter Chorsänger.

 

Händel: Alexanderfest

Zur prachtvollen Eröffnung seiner Oratoriensaison Anfang 1736 präsentierte Händel eine Komposition, die ihm wie kaum ein anderes seiner oratorischen Werke die Gelegenheit zur Darstellung seiner musikalischen Kunstfertigkeit bot: John Drydens 1696 veröffentlichte Ode „Alexander’s Feast or the Power of Music“ demonstriert die Macht der Musik am Beispiel des antiken Helden Alexander der Große. In dem von Newburg Hamilton am Ende ergänzten Text überhöht die heilige Cäcilia schließlich das antik-heidnische Geschehen, von Händel ausgedrückt in plastisch-kunstvoller Polyphonie.

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