Einfach singen
Von einem neuen Stimmbildungskonzept, entwickelt im Dreiklang von Medizin, Gesangspädagogik und Stimmphysiologie
Wie ist es zur Zusammenarbeit von Mediziner und Gesangslehrerinnen gekommen? Wie ist das Buch entstanden?
In der Tat eine spannende Begegnung. Ausschlaggebend war eine Aussage der Gesangslehrerin: „Wenn man das Steißbein nach unten bewegt, wird am Zwerchfell gezogen und es entsteht so mehr Raum und Luft für lange Töne“. Dieser Satz hat das Interesse des Mediziners geweckt. Er nahm fleißig Gesangsstunden, die beiden Gesangslehrerinnen machten eine Spiraldynamik® Ausbildung. Es folgte eine gemeinsame Entdeckungsreise durch den menschlichen Körper in seinen drei Dimensionen Bewegung, Atmung und Stimme. Die Aufrichtung des Beckens beispielsweise stellt die Grundlage für eine aufgerichtete Körperhaltung dar, öffnet die Flanken für die Atmung und ist die beste Voraussetzung für tiefe und auch hohe Töne. Jeder von uns brachte seine Expertise in das Buchprojekt ein, mit dem Ziel, Freude am Singen (wieder) zu vermitteln!
Das ist das Kernprinzip der speziellen Technik der Spiraldynamik®?
Spiraldynamik® ist ein evolutionsbiologisches Therapiekonzept. Die Wirbelsäule beispielsweise bewegt sich beim Fisch seitlich hin und her, beim Säugetier dominieren Beuge- und Streckbewegungen, beim Menschen die Links-Rechts-Verschraubung der Wirbelsäule – bedingt durch den aufrechten Kreuzgang. Brustkorb, Zwerchfell und Atmung funktionieren nach dem Spiralprinzip. Im Yoga ist dies eine Selbstverständlichkeit beispielsweise der Drehsitz). In der westlichen Körperkultur hingegen herrscht erbarmungsloser Zwang zur Körpersymmetrie – im Sitzen, beim Krafttraining oder beim Singen. Die Erkenntnisse der Spiraldynamik® finden sich insofern im Buch wieder, als dass der Einsatz des gesamten Körpers für die Singstimme im Zentrum steht.
Herr Larsen, Sie haben ethnomedizinische Studienreisen u. a. nach Tibet, Japan, Indien und China unternommen – was davon ist in die spezielle Technik eingeflossen?
Bewegung ist ein Schlüsselfaktor für die individuelle und die kollektive Gesundheit. Die Inder habe das Yoga, die Chinesen ihr Tai Chi. Und wir? Im antiken Griechenland gab es einmal die Kunst des Gehens. Und heute? Ewiges Sitzen, kaum Bewegung, keine Ahnung vom eigenen Körper. Dies zu ändern, ist meine Vision: Wer sich im Alltag anatomisch richtig – gemäß dem Bauplan der Evolution – bewegt, hat mehr vom Leben. Und weniger Schmerzen. Das Singen bietet perfekte Möglichkeiten die angeborene Bewegungsintelligenz neu zu entdecken.
Wo sehen Sie die besonderen gesundheitsfördernden Aspekte des Singens bzw. was zeigen Studien auf diesem Gebiet?
Man müsste die Frage umkehren: Wo nicht? Singen belebt Körper und Geist, fördert Schlaf und Entspannung, wirkt Wunder im Alter, reduziert Schmerz und Beschwerden, stärkt das Selbstvertrauen, verbindet Menschen, wirkt als Stimmungsaufheller und schützt vor Demenz. Ein natürliches Wundermittel sozusagen. Entdecken kann man es nur selbst. „Es geht nicht darum, ob du singen kannst oder nicht, es geht darum, ob du es tust oder nicht!“ (Zitat aus dem Buch)
Was ist der Nutzen dieses Buches für Chorsänger/-innen und Dirigentinnen und Dirigenten?
Für Chorsänger/-innen bietet das Buch die Möglichkeit, sinnvoll zu üben. Pro Kapitel gibt es vier erprobte und wirksame Übungen, welche man alle auch in kurzen 50-Sekunden-YouTube-Clips anschauen kann, um die körperliche Dynamik zu sehen und den Klang der Übung zu hören. Chormitglieder schätzen es, wenn sie die Übungen zuhause sehen, hören und nachmachen können. Es ist uns gelungen, die wichtigsten Themen der Singstimme in acht Kapiteln zusammenzufassen – mit einem medizinischen, pädagogischen und einem psychologischen Teil. Der Dirigent wird entlastet. Das Buch gibt konkrete Antworten auf ständig aufkommende Fragen zu Atmung, Volumen, Abspannen, Resonanz, Halten der Töne usw. Das Buch erklärt Funktion und Physiologie und bietet dazu passende Übungen. Durchgehend illustriert und in einer bildhaften gut verständlichen Sprache. Das Buch animiert dazu, Übungen tatsächlich auszuprobieren und in den (Chor-) Alltag einzubauen.
Ein besonderer Nutzen für Chorsänger/-innen und Dirigent/-innen: Jede Übung wird am Schluss mit einem „Kurz und stimmig“ zusammengefasst, sodass der Chorleiter in bildhafter Sprache eine Art „Haiku“ in den Chor hineinrufen kann und nicht nochmals die ganze Übung wiederholen muss. Wenn ein Chor auf Anweisungen wartet, muss es schnell gehen, das wissen Chorleiter/-innen genau.
Blick ins Buch
Christian Larsen, Julia Schürer, Dana Gita Stratil
Einfach singen!
Die Stimme im Chor entwickeln
Die Autoren
Dr. med. Christian Larsen ist ärztlicher Leiter des Spiraldynamik® Med Centers in Zürich.
Julia Schürer, Sängerin und Gesangslehrerin, hat sich als Stimmbildnerin auf die Zusammenarbeit mit Chören spezialisiert.
Dana Gita Stratil, Sängerin, Gesangslehrerin und Stimmtrainerin AAP® lehrt seit über 30 Jahren den „Weg der Stimme“.
Christian Larsen, Julia Schürer, Dana Gita Stratil
Einfach singen! Die Stimme im Chor entwickeln
Plus: Alle Übungen sind auch online als Video verfügbar!
In Kooperation mit TRIAS (Thieme Gruppe).
Carus 24.087, Buch, 96 S., 12.99 €
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