Singend mit Gott groß werden
Singvermittlung für Kinder von 3 bis 8 Jahren
SIMGO – ein voll bepackter Koffer für den Kita-Alltag, für Kinderchöre und die Religionspädagogik! Herausgeberin Christiane Hrasky zeigt im CARUS Blog, wie man die ausgewählten Lieder, Geschichten, Tänze, Aktionen und Gebete zu 24 Themen rund ums Kirchenjahr nutzen kann, um das Singen mit Kindern zu fördern – langfristig, nachhaltig und kindgerecht.
I Wer singt denn da?
Wir begegnen singenden Kindern in unterschiedlichen Zusammenhängen. Wir erleben dabei, wie das Singen die Kinder selbstbewusster und mutiger macht. Es fällt ihnen leichter, Schwierigkeiten zu meistern und aufeinander zuzugehen. Doch leider wird in Kitas, Familien und Gemeinden immer weniger gesungen.
Das Singen ist zwar wieder in den öffentlichen Fokus gerückt ist, dennoch sind Erzieher:innen und Eltern oft unsicher im Umgang mit der eigenen Stimme. Sie trauen sich nicht, mit Kindern zu singen – und wenn, dann oft viel zu tief. Das hat zur Folge, dass Singen als Gemeinschaftserlebnis verloren geht.
Auch der Geschichtenschatz der Bibel ist nicht mehr selbstverständlich Teil des Alltags in Familien und Bildungseinrichtungen. Kirchliche Rituale und Gebete als Ausdrucksform von Klage und Dank finden nur begrenzt Raum in der Gesellschaft und können von Kindern wenig erlebt und ausprobiert werden.
Da oft nicht in kindgerechter Stimmlage gesungen wird, können Kinder nicht „aus voller Kehle“ einstimmen und sind nachweislich in ihrer Bindungsfähigkeit und ihrem Wohlgefühl gestört. Die Chancen zur ganzheitlichen Förderung durch Singen bleiben ungenutzt. Das betrifft vor allem Sprache, Lungenaktivität, Immunaufbau, Sozialkompetenz, Konzentrations- und Aufmerksamkeitsgewinn sowie emotionale Ausdrucksfähigkeit.
Auch das Lied-Repertoire schränkt sich immer weiter ein und hat wenig Brückenschlag zur ansässigen Kirchengemeinde. Dazu kommt die große Frage, wer in 30 Jahren aus dem spannenden neuen Gesangbuch singen soll, wenn sich immer weniger Kolleg:innen der Mühe unterziehen, Kinder im Singen auszubilden.
Dieser Thematik sind wir nachgegangen und haben das Projekt „Singend mit Gott groß werden“ ins Leben gerufen – eine Initiative, um das Singen in konfessionellen Kitas langfristig zu fördern. Wir, das sind vier Kirchenmusikerinnen und eine Theologin aus der Evangelischen Kirche in Norddeutschland. Entstanden sind ein musikalisches Andachtsbuch und eine damit verbundene Fortbildungsreihe. Um das Konzept des Projektes soll es in diesem Artikel gehen.
II Das Buch
Singend mit Gott groß werden (kurz: SIMGO) ist ein ökumenisches Lieder- und Andachtsbuch sowie ein Baukasten und Ideenfundus für den Kita-Alltag, die Kirchenmusik und die Religionspädagogik. Es besteht aus 24 variablen Themen, die sich am Kirchenjahr orientieren. Geistliche und weltliche Lieder, Geschichten, Tänze und Aktionen werden inhaltlich zusammengeführt und spiegeln so die Lebensrealität der Kinder wider. Erzieher:innen, Kindergottesdiensthelfer:innen, Kirchenmusiker:innen, Pastor:innen und Religionspädagog:innen können auf ein sehr gut strukturiertes Kompendium zurückgreifen und dabei viel Raum für die eigene Kreativität finden.
Die Themen des Buches orientieren sich am Kirchenjahr und am Kita-Alltag:
Advent – Nikolaus – Weihnachten – Dreikönige – Verkehrte Welt/Fasching – Sieben Wochen ohne – Passion/Angst – Passion/Einzug in Jerusalem – Abendmahl – Kreuzweg und Ostermorgen – Osterfrühstück – Pfingsten – Taufe – Übergang – Begrüßung und Neuanfang – Schöpfung – Engel – Erntedank –Reformation – St. Martin – Trost und Trauer
Alle Themen haben eine klare und wiedererkennbare Struktur.
II 2 Geschichte
In der Geschichte wird ein Aspekt des Themas kindgerecht beleuchtet. Dabei ist uns ein liberales Gottesbild und ein wertschätzender Blick auf alle Menschen wichtig. Entweder werden Bibelgeschichten neu erzählt (also alte Geschichten und damit große Themen), die neu behandelt und mit Kinderthemen verbunden werden.
In einer zweiten Form werden Alltagsgeschichten des Kamels Fanta erfunden. Diese greifen Themen aus dem Kita-Alltag wie Neuanfang, Freundschaft und Tod auf, geben den Gefühlen der Kinder einen Ausdruck und fördern die Sprachfähigkeit der Erzieher:innen in problematischen Situationen.
Wir haben in viele Geschichten Stimmbildungselemente eingefügt, um das natürliche Bedürfnis der Kinder zu fördern, Geschehnisse zu kommentieren und ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Dies fördert die Stimmentwicklung enorm.
Wir erzählen alle Geschichten in kindgemäßer Sprache nach, um den Reichtum der Bibel als Allgemeinbildung zu fördern. Dabei haben wir Klippen in den Geschichten nicht verharmlost, denn Kinder machen in ihrem Alltag Erfahrungen mit Gewalt, Ausgrenzung und Ungerechtigkeit. Deshalb ist es uns wichtig, dass dies in den Geschichten vorkommt. Und ebenso wichtig: dass es gut ausgeht! Damit entwickeln Kinder die Hoffnung und Resilienz, dass es auch für sie gut ausgehen wird.
II 3 Gebet
Kinder sollen lernen, dass es für Sorgen eine Möglichkeit des Abgebens gibt. Die formulierten Gebete sind ein Angebot dafür. Die Kürze und die einfache Sprache ermöglichen es den Kindern, die Gebete zu verstehen und eigene Gebete zu formulieren. Symbole wie Schaukeln und Gummistiefel stammen aus dem Kita-Alltag und werden mit den großen Gefühlen verbunden, die in den Gebeten vorkommen.
II 4 Psalm
Psalmen sind die ältesten Lieder der Bibel und bilden die komplette Bandbreite unseres Lebens ab, von der tiefsten Not bis zur größten Fröhlichkeit. Das haben wir für Kinder übertragen und für sie fassbar gemacht. Wir haben dabei verschiedene Methoden angewendet.
Durch den Kehrvers, in den die Kinder einstimmen können, kommt noch eine weitere Dimension dazu, um sich das Gebet zu eigen zu machen: das Singen als ganzheitliche Erfahrung.
II 5 Lied zum Thema
Mit der Auswahl der Lieder haben wir versucht, geistliches und weltliches Liedgut sinnhaft zu verbinden und das Repertoire für die Altersgruppe 3-8 Jahre zu erweitern. Dabei wurden sowohl erhaltenswerte traditionelle Lieder aufgenommen als auch neue Lieder geschaffen.
Zu jedem Lied gibt es einen QR-Code für eine Audioaufnahme, um Erzieher:innen die Einstudierung zu erleichtern und die richtige Tonhöhe zu finden. Zu ausgewählten Liedern gibt es Bewegungsvorschläge als Text oder als Video (via QR-Code). Bewegungen zu den Liedern finden wir sehr hilfreich. Dadurch merken sich die Kinder den Text sehr schnell. Der Bewegungsdrang der Kinder wird aufgegriffen und die Bewegungen ergeben gleichzeitig eine Choreografie. Konzentrationsfähigkeit und Ausdauer werden gefördert und das Singen als ganzheitliche Tätigkeit eingeführt.
Weitere Erläuterungen zum Singen mit Bewegung finden Sie im Kapitel „Singen in der Kita“ auf Seite 8.
II 6 Spiel/Aktion
Die Spiele und Aktionen ermöglichen den Kindern, sich das Thema auf spielerische Weise anzueignen. Dabei war uns wichtig, dass sie eigene Ausdrucksformen finden und nicht nur Vorgefertigtes nachbilden.
II 7 Bewegung/Tanz
Bewegungslieder, Spiellieder, Paartänze und Reigentänze dienen der sozialen Interaktion. Gesang und Bewegung gehören unbedingt zusammen.
II 8 Segen
Der Segen wird gesungen oder gesprochen. Bekannte Lieder wechseln sich mit neu entstandenen Texten und Liedern ab. Dabei wird der Charakter des Segens behalten und gleichzeitig die Sprache aus dem Kita-Alltag entlehnt. Die geprägte Sprache vermittelt den Kindern, dass zu ihrem Kita-Alltag etwas dazukommt, das größer ist als wir Menschen. Die Liebe und die Fürsorge stehen im Vordergrund.
Das Singen im Vorschulalter legt den Grundstein für eine weitere musikalische Entwicklung. Singende Kinder sind die Chorsänger:innen und Kirchenmusiker:innen von morgen. Deshalb sollten wir so viel Energie, Freude und Kreativität wie möglich darauf verwenden, Kinder im Singen auszubilden.
Weitere Informationen zu dem Projekt unter https://kirchenchorwerk-nordkirche.de/category/simgo/.
Christiane Hrasky studierte Diplom Kirchenmusik und Orgel und Master Chorleitung und ist seit 2018 Landeskantorin der Nordkirche. Vertretungsprofessuren führten sie an die Hochschule für Musik Detmold und an die Universität Greifswald. Einen wichtigen Schwerpunkt ihrer Arbeit bildet die systematische Herausbildung einer klangschönen, belastbaren Singstimme. Ihre Stimmbildungskonzepte gibt sie in Workshops und Fortbildungen im gesamten Bundesgebiet sowie auf ihrem YouTube-Kanal weiter.
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