6 Fragen an Elisabeth Fußeder
Ein Interview
Elisabeth Fußeder wurde bereits mit Auftragswerken für u. A. den Bundesjugendchor, den Bayerischen Landesjugendchor und die Mädchenkantorei am Freiburger Münster betraut. Im Carus-Verlag ist ihr Chorzyklus waldeslust erschienen. Nun hat sie sich unseren Fragen gestellt und spricht über ihre erste eigene Komposition, was sie neben dem Komponieren macht und was ihr emotionalstes musikalisches Erlebnis mit Träumen zu tun hat.
Ihre erste eigene Komposition:
war mein Stück „Occultus“ für Singende Säge, zwei Violinen und Violoncello. Es ist entstanden im Rahmen des Gruppenunterrichts bei meinem ersten Lehrer, dem Freisinger Musiklehrer und Komponisten Rodolphe Haimann. Kurz vorher hatte ich in München einen Kurs für Singende Säge besucht und war sehr angetan von dem Instrument sowie der Idee, ein Stück zu schreiben, in dem die Singende Säge nicht wie üblich nur zur Belustigung des Publikums, sondern als „vollwertiges“ Instrument eingesetzt wird.
Welche anderen Komponist*innen inspirieren Sie?
Schwer zu sagen, denn in der Regel sind es eher bestimmte Stücke, Situationen, (Klang-)Farben o. Ä., die mich inspirieren als das künstlerische Lebenswerk einer einzelnen Person. Sehr interessant finde ich aber z. B. die finnische Komponistin Kaija Saariaho: „Everything can be found in a voice, in an extreme way. In a sense, it’s the richest form of expression because the instrument is inside a human being and there are many things that cannot be falsified when using your voice.“ (Kaija Saariaho 2014 in einem Interview mit Clément Mao-Takacs für Music & Literatur)
Ihr bisher emotionalstes musikalisches Erlebnis:
An dem Tag, an dem ich zum ersten Mal den 3. Satz aus Johannes Brahms dritter Sinfonie gehört habe, hatte ich in der folgenden Nacht einen ganz intensiven, extrem detaillierten und tief emotionalen Story-Traum. Ich hatte nie zuvor so intensiv und emotional geträumt. Nach dem Aufwachen versuchte ich, herauszufinden, aus welchem Erlebnis der letzten Tage dieser Traum hervorgegangen sein könnte. Es gelang mir jedoch nicht, etwas wirklich Wahrscheinliches zu finden. Als ich am Nachmittag für meinen Unterricht nochmals Brahms‘ 3. Satz hörte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen, dass mein Traum die Stimmung dieser Musik in eine Geschichte umgewandelt hatte. Sogar heute noch, Jahre später, kommen mir vor lauter erlebter Emotion beinah die Tränen, wenn ich mich in diese Situation zurückversetze.
Wo komponieren Sie am liebsten?
Am liebsten habe ich zum Komponieren einen ruhigen Ort (z. B. den Schreibtisch zuhause oder auch mal die Bibliothek), da ich mich so am besten konzentrieren kann. Dadurch, dass ich viel unterwegs bin, habe ich aber nicht wirklich den „einen“ Ort, an dem ich immer komponiere.
Ihr aktuelles Kompositionsprojekt:
Im Moment habe ich den kostbaren Auftrag, ein weiteres Stück für den Bundesjugendchor unter Leitung von Anne Kohler schreiben zu dürfen. Ich freue mich sehr darüber, dass ich ein weiteres Mal mit diesem so leistungsstarken Chor zusammenarbeiten darf!
Wenn Sie nicht komponieren oder musizieren, dann…
treffe ich mich sehr gern mit Freund:innen oder Kommiliton:innen, um sich auszutauschen und auf andere Gedanken zu kommen. Auch arbeite ich als Ausgleich zur vielen PC-Arbeit gerne haptisch, am liebsten feine Dinge mit den Händen.
waldeslust
Zyklus für gemischten Chor von Elisabeth Fußeder
Carus 9.273/00
Der Bundesjugendchor hat die Komposition auf seiner Debüt-CD Waldeslust (Carus 83.539) eingespielt.
Elisabeth Fußeder (*2000 in München) wurde bereits mit Auftragswerken für u. A. den via-nova-chor München, das Ensemble rechérche, den Bundesjugendchor, das Festival code modern und den Bayerischen Landesjugendchor betraut. Seit Oktober 2020 studiert sie Komposition und Gehörbildung an der Hochschule für Musik Freiburg.
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