Ein „All-Time-Favorite“ in einer Chorbearbeitung

Anja Braun liebt die „Mondscheinsonate“ nicht nur im Original für Klavier, sondern auch als Chorarrangement.

Irgendwie ist es nicht so präsent, wie es eigentlich sein sollte: das Beethoven-Jahr 2020. Corona hat das Jubiläumsjahr verändert. Dennoch, das Lieblingsstück von Anja Braun bleibt das Kyrie für Chor, bearbeitet von Beethovens Zeitgenossen Benedict Bierey nach der „Mondscheinsonate“ von Beethoven!

Ich habe lange über mein Lieblingsstück nachgedacht, da ich viele Stücke in meiner Orchester- und Chorlaufbahn interpretieren durfte. Aber dann habe ich mich daran erinnert, dass wir das Beethoven-Jahr schreiben (auch in der Corona-Zeit!) und mir kam sofort ein Stück in den Kopf: Die „Mondscheinsonate“. Diese war schon immer eines meiner „All-Time-Favorites“, welches mich immer wieder emotional werden lässt.

Die Verarbeitung von Benedict Bierey zu einem Kyrie-Chorsatz trifft diese Emotionen. Hört man sich die Aufnahme auf der aktuellen CD Beethoven für Chor an, wächst das Herz. Ich komme vom Klavier, habe mich schon immer vor allem mit Instrumentalmusik beschäftigt. Somit herrschen auch in meinem Kopf die Interpretation und die Geschichte des Originals vor.

Den Namen „Mondscheinsonate“ erhielt der erste Satz der Klaviersonate Nr. 14 op. 27 Nr. 2 erst nach Beethovens Tod vom Musikschriftsteller Ludwig Rellstab. Aufzeichnungen zufolge erinnerte ihn das Hören des ersten Satzes an eine Bootsfahrt auf dem Vierwaldstätter See. Beethoven selbst gab der gesamten Klaviersonate den Beinamen „Sonata quasi una Fantasia“, also eine Sonate gleichsam einer Fantasie. Der erste Satz daraus, der im vorliegenden Chorstück mit einem Kyrie erweitert wurde, ist wohl das bekannteste Klavierwerk Beethovens überhaupt. In Kombination mit den beiden weiteren Sätzen hat diese Sonate eine ungewöhnliche Satzform. Der zweite Satz ist traditionell doch meist ein Satz zur „Erholung“ – langsam und getragen. Beethoven verändert diese Gewohnheit, indem er den ersten Satz eher in der Manier eines zweiten Satzes komponiert – getragen, langsam, emotional.

Das Kyrie hat seit Jahrhunderten einen festen Platz in der Heiligen Messe der katholischen Kirche. Es kann mit dem allgemeinen Schuldbekenntnis folgen, kann deutsch oder griechisch gesprochen werden. Vielfach wird es, wie in diesem Fall auch, gesungen. Durch die Erweiterung des Adagios der „Mondscheinsonate“ mit dem Kyrie wird eine weltliche Klaviersonate zur Liturgie. Damit folgte Bierey der Praxis des 18. Jahrhunderts, weltliche Melodien mit liturgischen Texten zu versehen, um diese in der Messe verwenden zu können. Dies ist ihm mit der „Mondscheinsonate“ mehr als gelungen. Der vierstimmige Chorsatz legt sich stimmig über die bekannte Melodie. Das getragene „Kyrie eleison“ unterstützt das getragene Thema des Adagios.

Wer die bekannte Klaviersonate liebt, wird auch dieses Kyrie lieben lernen.

Anja Braun studiert Musikwissenschaften und Germanistik in Tübingen. Sie arbeitet seit 2019 als studentische Hilfskraft im Marketing des Carus-Verlags.

Kyrie nach dem Adagio der Mondscheinante. Fassung für Chor und Orchester

Sakrileg oder Geniestreich? Der Komponist und Kapellmeister Gottlob Benedict Bierey (1772–1840) instrumentierte den 1. Satz der berühmten „Mondscheinsonate“ von Beethoven für Orchester (transponiert nach c-Moll) und fügte diesem einen vierstimmigen Chorsatz hinzu, den er mit dem Text des Kyrie aus dem lateinischen Ordinarium unterlegte.

Kyrie nach dem Adagio der Mondscheinsonate. Fassung für Chor und Klavier

Die Bierey-Bearbeitung wurde von Andreas Gräsle für Chor und Klavier eingerichtet und steht wie der originale Klaviersatz in cis-Moll.

Kyrie nach dem Adagio der Mondscheinsonate. Fassung für Chor und Orgel

Die Bierey-Bearbeitung wurde von Andreas Gräsle für Chor und Orgel eingerichtet und steht wie der originale Klaviersatz in cis-Moll. Eine eigene Chorpartitur zur Orgelbearbeitung ist erhältlich.

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