Peter Schindler: aufführungspraktische Tipps_Banner

Teamgeist und Intuition

Praktische Tipps für die Aufführung eines Musicals von Peter Schindler

Die Planung

Herr Schindler, gibt es bestimmte Voraussetzungen, um ein Musical überhaupt aufführen zu können?

Es gibt keine bestimmten Voraussetzungen. Sie müssen den Dreiklang von Tanz, Musik und Schauspiel mögen. Was Sie brauchen ist Lust am Theater und Improvisations­gabe. Jede und jeder kann Bayreuth und Broadway auf seine persönliche Weise verwirklichen.

Nach welchen Kriterien wähle ich das passende Musical?

Der Stoff muss einfach schon beim Proben Spaß machen und dem Publikum eine spannende und unterhaltsame Geschichte bieten.

Welche Aufgabengebiete müssen ­besetzt werden?

Wichtig ist Teamgeist und eine Intuition für den Richtigen am richtigen Platz. Jeder hat etwas oder kann etwas, das ein anderer nicht kann oder nicht hat. Das müssen Sie herausfinden und auf den Punkt einsetzen.
Einmal angefangen, kommen plötzlich von allen Seiten gute Geister und gute Ideen. Aus Vätern werden tolle Feier­abend-Bühnenbildner, aus Müttern werden kreative Wochenendkostüm- und Maskenbildnerinnen.

Thema Finanzierung: Welche Kosten muss ich bedenken und woher kommen die finanziellen Mittel?

Kosten entstehen unter anderem beim Notenkauf, dem Erwerb von Aufführungsrechten, durch die Werbung, durch Bühnenbild, Kostüme, Saalmiete, Licht, Ton und das Catering. Woher die Mittel kommen? Gute Frage, da heißt es kreativ sein. Sie müssen alles versuchen und immer den Sinn der Arbeit vermitteln: Ein Musicalprojekt ist nicht nur die eine Aufführung am Abend, sondern ein soziales Miteinander, das tief in die Gesellschaft wirkt. Musicaltheater ist für alle persönlichkeitsbildend und demokratiestärkend!

Wie bringe ich das Projekt den Schülern näher, und wie motiviere ich sie zum Proben?

Auf jeden Fall müssen Sie selbst für das Projekt brennen. Das müssen Sie zeigen, sonst wird es nichts. Vormachen. Vorsingen. Vortanzen. Theaterstimmung erzeugen. Immer alles geben. Nehmen Sie Ideen von den Schülern auf und zeigen Sie ihnen, dass sie ihre eigene Kreativität einbringen können. Ihnen vermitteln, dass die Bretter der Welt das Größte sind. Was sagte Schiller: „Sehn wir doch das Große aller Zeiten auf Brettern, die die Welt bedeuten.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

Peter Schindler
Kleiner Stock, ganz groß
Carus 12.841

Peter Schindler (26. April 1960 in Altensteig, Kr. Calw) studierte Schulmusik, Komposition und Orgel sowie Jazz und Popularmusik an der Musikhochschule Stuttgart.  Zu seinen Werken zählen Chansons, Instrumentalstücke, Geistliche Werke, Musik für Ballett und Schauspiel sowie Musicals, Singspiele und Lieder für Kinder und Jugendliche. Als Organist und Pianist führt er mit verschiedenen Ensembles und Interpreten vorwiegend eigene Kompositionen im In- und Ausland auf.

Der Start

Wie lange vorher sollte ich mit dem Musical-Projekt starten?

Je nach Länge und Aufwand des Stücks etwa drei bis vier Monate. Das sollten Sie selbst gut einschätzen. Vor allem Kinder lernen schnell auswendig, daher sollten Sie auch nicht überproben. Ein Frühstücksei schmeckt auch nicht besser, nur weil Sie es 30 Minuten kochen.

Wie besetze ich die Rollen?

Der dünne Lange sollte nicht unbedingt als dicker Zwerg besetzt werden, der hohe Tenor sollte nicht den Bass übernehmen, und wer nicht tanzen kann oder nicht tanzen will, dem sollte man nicht die Rolle der Primaballerina anvertrauen. Aber: Manchmal liegt auch in solchen Gegensätzen ein großer Reiz, wenn man es auf der Bühne einfach behauptet! Marlene Dietrich sagte von sich auch: „Ich bin die beste Sängerin ohne ­Stimme!“

Wie erstelle ich einen Probenplan?

Wie sagte Brecht, ein ausgewiesener Theaterfuchs: „Ja, mach nur einen Plan! Sei nur ein großes Licht! Und mach dann noch ’nen zweiten Plan, gehn tun sie beide nicht.“ Ganz planlos sollte es natürlich nicht sein. Auf eine Hauptprobe und eine Generalprobe zum Beispiel würde ich nicht verzichten.

Thema Musik: Lass ich die Musik lieber vom Band spielen oder hole ich ein Orchester ins Boot?

Die beste Lösung ist immer LIVE!! Vom Band ist die zweitbeste Lösung. Egal wie, live ist live! Auch wenn mal etwas danebengeht, es geht nichts über den echten Klang. Außerdem können Sie die Tempi besser anpassen oder spontan etwas ändern.

Was sind Ihrer Erfahrung nach die größten Schwierigkeiten eines Musical-Projekts?

Die Tempi stimmen nicht oder der Text wird nicht verstanden. Es kann auch passieren, dass einer mal die Nerven verliert oder dass einige im Boot das Projekt nicht verstehen und kontraproduktiv werden. Was ist das Gegenteil von gut? Gut gemeint! Das müssen Sie herausfinden, wenn Sie die Drähte zusammenführen.

Die Aufführung

Wann lege ich Datum und Aufführungsort am besten fest?

So früh wie möglich, so spät wie nötig. Und möglichst nicht am Vatertag, um Mitternacht und an Tagen, an denen Deutschland im Halbfinale steht.

Was muss ich bei der Aufführung ­beachten?

Vergessen Sie niemanden beim Dankeschön sagen. ALLE wollen ihren Namen hören, zu Recht. Auch im Programmheft dürfen Sie niemanden vergessen. Sonst ist die Plackerei nicht dokumentiert, und das ist bitter!

Wie sieht es rechtlich mit der Aufführung von Musicals aus?

Jeder Verlag hat andere Konditionen, aber Aufführungsgebühren fallen in der Regel immer an. Die sollten Sie auch bezahlen, denn Komponist und Autor können auch nicht zum Bäcker gehen und die Brezel einfach so mitnehmen.

Wann sollte ich ein Musical-Projekt lieber abbrechen?

NIE! Es sei denn, der Blitz schlägt ein, es regnet durchs Dach, und die Zuschauer werden nass.

Haben Sie noch einen ganz besonderen Tipp?

Transportieren Sie auf der Bühne IMMER gute Laune. Ärgern Sie sich nie öffentlich über einen Fehler. Das Pub­likum kennt nur genau die Fassung, die es geboten bekommt und ist damit hochzufrieden. Außerdem kann es in diesem Moment sowieso niemand besser. Machen Sie auch keine negativen Ansagen am Anfang, nach dem Motto: „Sorry, aber unser Tenor ist heute furchtbar heiser!“ Schauen Sie sich unbedingt andere Theaterproduktionen an. Und bleiben Sie stets motiviert. Nach dem „Toi toi toi“ vor der Premiere sollen Sie niemals „Danke“ sagen – nur „Hals- und Beinbruch“ oder „Wird schon schief­gehen“!

Peter Schindler
Der Blaue Planet
Carus 12.842/00

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Von Afrika nach Tokio und danach zum Kaiser von China.

Peter Schindlers Songs für Kinder sind für alle Altersstufen gedacht. Die Lieder können ein- oder zweistimmig aufgeführt und nur mit Klavier begleitet werden. Sie eignen sich auch als Zugaben oder kurze Einlagen, für den Solo-Vortrag und können mit einigen kleinen Requisiten szenisch umgesetzt werden.

 

Sonne, Mond und Sterne

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