Katarina Pustinek Rakar

7 Fragen an die slowenische Komponistin

Die slowenische Komponistin Katarina Pustinek Rakar (geb. 1979) studierte Musiktheorie, Oboe, Gesang und Komposition in Ljubljana. Sie arbeitet aktiv mit den besten slowenischen Chören zusammen, ist Mitglied des Slowenischen Philharmonischen Chors und unterrichtet Solmisation und Musiktheorie am Konservatorium in Ljubljana. Ihre Kompositionen umfassen hauptsächlich Vokalmusik (Kinderlieder, Werke für Jugend-, Frauen-, Männer- und gemischte Chöre), für die sie regelmäßig Kompositionsaufträge erhält.

1. Frau Pustinek Rakar, Sie haben mehrere Gedichte der englischen Schriftstellerin Christina G. Rossetti vertont – die Chorwerke sind bei Carus erschienen. Warum gerade diese Dichterin?

Ich habe Frau Rossetti durch Zufall entdeckt, als ich an einem Chorkompositionswettbewerb teilnahm und es eine der Bedingungen war, Rossettis Texte zu verwenden. Die Komposition, die ich geschrieben habe („Remember“), ist etwas Besonderes unter meinen Stücken, denn ich habe beim Komponieren festgestellt, dass es eine einzigartige Verbindung zwischen den Worten Rossettis und meiner Musik gibt. Das ist eigentlich keine leichte Aufgabe – einen Dichter zu finden, dessen Worte die eigenen Gedanken und Gefühle vollständig beschreiben. Vor allem, wenn die Worte nicht in der eigenen Muttersprache sind.

Als ich dann bei einem anderen Wettbewerb teilnahm und Texte in einer der meistgesprochenen Sprachen der Welt brauchte, war es naheliegend, dass ich mich mit weiteren  Gedichte von ihr beschäftigte.

2. Sie haben Musiktheorie, Oboe, Gesang … und Komposition studiert. Wann haben Sie begonnen, sich auf das Komponieren zu konzentrieren?

Es war eigentlich sehr schwer für mich zu entscheiden, welchen musikalischen Weg ich letztendlich weiterführen sollte. Ich war an so vielen Dingen interessiert!

Neben den von Ihnen erwähnten Fächern auch Musiktheorie, Solmisation / Gehörbildung, Dirigieren, Chorgesang und Chorleitung.

In Ljubljana gab es, als ich mich für das Studium an der Musikakademie beworben habe, nur eine begrenzte Studien-Auswahl. Das Kompositionsstudium war mit dem Studium der Musiktheorie verbunden, also wählte ich diesen Studiengang an der Universität, aber gleichzeitig spielte ich noch Oboe, dirigierte und sang in Chören, hatte Gesangsunterricht und besuchte Seminare in Slowenien und im Ausland. Mit der Zeit merkte ich, dass mir das alles zu stressig wurde und dass ich mich auf weniger Musikbereiche konzentrieren muss, weil ich nicht alle beherrschen kann.

Während des Studiums bekam ich meine ersten Kompositionsaufträge. Meine Erfahrung mit Stimme und Gesangstechnik sowie die Vertrautheit mit dem Klang des Chores kamen mir sehr zu gute. So erhielt ich von Anfang an Aufträge für Chorlieder und Lieder für Solostimme mit Begleitung.

Das Komponieren ist immer noch nicht die Hauptbeschäftigung in meinem Leben, aber es ist definitiv eine wichtige. Ich bin Lehrerin am Konservatorium und an der Akademie für Musik in Ljubljana – ein Beruf, der viel von meiner Energie und Zeit in Anspruch nimmt. Ich habe eine Familie und mache auch gerne viele andere Dinge, die nichts mit Musik zu tun haben.

3. Welche Komponisten inspirieren Sie?

Schwierige Frage! Jede/r, der/die mit seiner/ihrer Komposition mein Interesse weckt. Erzählt mir die Komposition eine Geschichte und versprüht sie Leidenschaft? Ich achte auch immer sehr auf die Harmonie und die innere musikalische Struktur.

Ich habe keinen Lieblingskomponisten, aber ich konzentriere mich sehr auf eine Komponistin oder einen Komponisten, wenn ich z.B. sein/ihr Werk vor Studierenden präsentieren muss oder wenn ich ein Stück aufführe, und ich bewundere dann die homophone oder polyphone Struktur… oder manchmal höre ich ein Stück, das mir gefällt, einfach auch nur im Radio. Es kann eine mittelalterliche Komposition, ein klassisches Stück oder sogar ein populäres Lied sein, das meine Aufmerksamkeit erregt, aber noch einmal: Es muss eine Geschichte und Leidenschaft haben. Das kann man in der Musik gleich mit dem ersten Ton hören oder – andersherum – man sucht auch nach 20 Minuten noch danach. Letztere Art Musik zu hören empfinde ich als Zeitverschwendung.

Katarina Pustinek Rakar, Komponistin

4. Wie inspiriert Sie Chorklang für Ihre Kompositionen?

Der Klang eines Chores, einer menschlichen Stimme ist immens! Es ist DER Klang, der tiefe Schlüssel in uns allen. Wir alle wissen, wie schmerzhaft Stille sein kann, und wir alle haben erlebt, wie freundliche Worte uns aufrichten können. Und beim Singen erlebt man nicht nur die Worte, sondern die Worte werden zu Harmonien. Ist das nicht magisch? Ich glaube, dass jedes Wort in jeder Sprache seinen Klang und seine Energie hat, der/die Komponist*in muss ihm nur folgen.

Und es gibt noch etwas, was ich beim Komponieren eines Vokalstücks beachte. Ich bin sehr vorsichtig bei der Auswahl des Textes oder des Gedichtes und ich gehe auch sehr respektvoll damit um. Es ist ein Kunstwerk für sich, geschrieben von einem Künstler, dessen Leben mit bestimmten Emotionen drinsteckt. Wenn ich den Worten des Dichters Musik hinzufüge, muss ich das berücksichtigen.

Manchmal lese ich so viel über das Leben und die Arbeit eines bestimmten Autors oder einer Autorin, dass ich das Gefühl habe, er oder sie führt mich so durch die Musik wie er oder sie ihre Worte klingen lassen will.

5.  Sind Sie selbst eine aktive Chorsängerin?

Seit einigen Jahren singe ich nur noch ab und zu Solopartien, weil ich leider keine Zeit habe, regelmäßig an Chorproben teilzunehmen. In meiner Familie gibt es einige Musiker*innen, so dass wir gelegentlich gemeinsam singen.

Katarina Pustinek Rakar: Two Songs of Spring
Carus 9.291/00

Zbor Slovenske filharmonije (Slovenian Philharmonic Choir)
Dirigent: Sebastjan Vrhovnik

6. Verraten Sie uns Ihr nächstes Kompositionsprojekt?

Ich habe mehrere Aufträge, da muss ich mich in den nächsten Monaten dringend gut organisieren. Ein italienischer Kollege – Musiklehrer, Komponist und Chorleiter – hat mich gefragt, ob ich einen Kanon für seine musikpädagogische Kanonsammlung schreiben kann, eine Grundschullehrerin hat mich gebeten, ein Volkslied für Kinderchor mit Begleitung zu arrangieren, ein befreundeter Musiker hat ein Chorstück über slowenische Volksweisen und Texte für gemischten Chor in Auftrag gegeben, ein anderer Chor einen Zyklus von Kompositionen zu Texten von zeitgenössischen slowenischen Dichterinnen. Das sind die Aufträge, an die ich mich gerade erinnern kann, und ich bin sicher, ich habe einige vergessen…

7. Wenn Sie nicht komponieren, dann …

… mache ich definitiv zu Hause die Wäsche :-)
Ich kann mir mein Leben nicht vorstellen ohne den täglichen Spaziergang oder Lauf im Wald und ein gutes Buch. Ich liebe es, Zeit mit meiner Familie zu verbringen, wir machen alles zusammen. Arbeit, Studium, Kochen, Reisen, wir spielen und singen auch zusammen. Sie sind meine größten Fans und ich bin ihrer.

Katarina Pustinek Rakar: Remember
Carus 9.293/00

Zbor Slovenske filharmonije (Slovenian Philharmonic Choir)
Dirigent: Sebastjan Vrhovnik

Two Songs of Spring

Im Jahr 2018 ließ sich Katarina Pustinek Rakar von Texten der englischen Dichterin Christina G. Rossetti (1830–1894) faszinieren und inspirieren. Innerhalb kurzer Zeit vertonte sie einige ihrer Gedichte, darunter die beiden hier enthaltenen. Another Spring ist ein lyrisch-ausdrucksvolles, The First Spring Day ein sehr beschwingtes Chorstück.

Remember

Eine weitere von der englischen Dichterin Christina G. Rossetti (1830–1894) inspirierte Komposition.

A Hope Carol

A Hope Carol ist ein dramatisches Stück mit einem lyrischen Mittelteil.

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