11 Fragen an den Komponisten Martín Palmeri

Der Komponist Martín Palmeri komponiert für Carus anlässlich des Verlagsjubiläums den Psalm „Nisi Dominus“. Im Interview spricht der argentinische Komponist aber auch über seine „Misatango“ und verrät uns, was er macht, wenn er nicht musiziert oder komponiert.

Wer Ihren Namen hört, denkt zuallererst an die Misatango: Wie kam es zu der ungewöhnlichen Kombination von Tango und lateinischer Messe?

Zu Beginn meiner Karriere in Buenos Aires habe ich als Chorleiter und gleichzeitig als Pianist und Leiter eines Tango-Orchesters gearbeitet. Viele Sängerinnen und Sänger meines Chors liebten den Tango und kamen sehr oft zu unseren Konzerten mit dem Tango-Orchester. Da lag es nahe, über ein gemeinsames Projekt nachzudenken. Nach einigen Experimenten mit traditionellen Tangos, die keine wirklich guten Ergebnisse brachten, beschloss ich, Originalmusik für Chor und Tango-Orchester zu komponieren, anstatt sie zu bearbeiten. Das war der Anfang von Misa a Buenos Aires.

Ist es für die Aufführenden Ihrer Werke notwendig, über Grundkenntnisse in der Tangomusik zu verfügen?

Wenn die Musik*innen Erfahrung mit Tango haben, umso besser – vor allem Pianist*in,  Kontrabassist*in und  Bandoneon-Spieler*in. Das macht dann bei der Aufführung einen großen Unterschied .

Als der Carus-Verlag Sie nach einer Auftragskomposition zum 50. Verlagsjubiläum fragte: Was war Ihre Herangehensweise an das neue Werk?

Der erste Schritt war die Auswahl des Textes. Das war nicht ganz leicht, denn es sollte ein Text mit expressiven und charakterstarken Passagen sein, der sich mit 20 Minuten Musikvertonen lässt. Dann folgte der übliche Prozess: die Analyse des Textes, die Suche nach den besten Themen für jeden Satz und – das Schwierigste – das Finden von Balance und guten Proportionen für das gesamte Werk!

Der Vesperpsalm Nisi Dominus ist eine Art Weisheitslehre über das Lebensglück, das man sich nicht selbst „machen“ kann. Es geht dabei um die Lebenswelt einfacher Menschen: Hausbau, Frieden, Familie. Was hat Sie daran gereizt, gerade diesen Text zu vertonen?

Der Tango als populäre Musik wurde von vielen Generationen gemeinsam geschaffen, in seinen Anfängen vor allem von normalen Arbeitern. Es ist Musik, die man unter Freunden teilt. Und wir sollten nicht vergessen, dass der Tanz zwar mit Paaren, aber auch immer in der Gruppe stattfindet.

Manche nennen den Psalm auch „Studentenpsalm“, weil darin u.a. steht, dass es sich nicht lohnt, früh aufzustehen. Sind Sie Frühaufsteher?

Naja, vor vielen Jahren, als „Bohemian-Komponist“, habe ich gerne bis spät in die Nacht gearbeitet, aber heute genieße ich mehr den frühen Morgen um mich zu bewegen und am Fluss entlang zu laufen.

Wann und an welchem Ort komponieren Sie am liebsten?

Zu Hause in meinem Studio, aber ich muss sagen, dass meine besten Ideen auf meinen Reisen entstanden sind: in Hotels, bei Freunden oder einfach auf der Straße…

Was war Ihr bisher emotionalstes musikalisches Erlebnis?

Wenn meine Stücke in nicht 100% katholischen Ländern wie Marokko, Ägypten, Israel, der Türkei, China, Indien usw. gesungen werden. Ich bin allgemein sehr stolz darauf, dass meine Musik in Ländern mit unterschiedlichen Glaubensrichtungen akzeptiert wird.

Verraten Sie uns Ihr nächstes Kompositionsprojekt?

Ich habe eine Oper in italienischer Sprache mit einem Text von Francesco Querubini fertiggestellt, die im Juli nächsten Jahres in Italien uraufgeführt werden soll. Außerdem arbeite ich an einem Requiem, ein Auftragswerk des Verlags Eurindia, und an einem Stück namens Suite Rio de la Plata, das auf einem Text von Alfonsina Storni basiert und ebenfalls ein Auftragswerk ist, für den Coro Calliope di Ticino Schweiz.

Sie sind viel in der Welt unterwegs: wo fühlen Sie sich zuhause? Und warum?

Ich kann mich nicht auf einen Ort oder ein Land festlegen. Vielleicht ist der beste Ort immer der, wo man Freunde hat.

Träumen darf ja jede*r… Was empfehlen Sie einem*r Kulturliebhaber*in, der / die Ihre Geburtsstadt Buenos Aires besucht? Was sollte man unbedingt kennenlernen?

Das neue Auditorium CCK, San Temo, und v Orchester an weniger touristischen Orten z. Es ist schwer zu sagen, wo, denn die Auditorien werden ständig gewechselt.

Wenn Sie nicht komponieren oder musizieren, dann…

… würde ich mir Filme ansehen und mit meiner Familie nach Patagonien in Argentinien reisen. Wir haben einen Bauernhof in den Anden.

Martín Palmeri
Nisi Dominus
Carus 27.406

Martín Palmeri (geb. in Buenos Aires) ist ein argentinischer Komponist und Dirigent. Seine Vokal- und Instrumentalwerke, darunter Opern, Oratorien, Chor- und Orchesterkompositionen, sind hinsichtlich Form und Harmonik vom Tango Nuevo inspiriert sind. Sein bekanntestes Werk ist wohl die „Misatango“ (Misa a Buenos Aires); sie wird von Chören weltweit aufgeführt.

2 Kommentare

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert