Sehnsucht nach Frieden
Das Weihnachtsoratorium von Pablo Casals
Pablo Casals‘ Oratorium El Pessebre (Die Krippe) ist ein Mahnmal für Frieden und Humanität. Entstanden ist das Werk unter dem Eindruck der Schrecken des spanischen Bürgerkrieges und des 2. Weltkriegs. Es hat mit seiner Botschaft bis heute nichts an Aktualität verloren. In der Fassung für Chor und Orgel von Klaus Rothaupt ist das Werk für Chöre eine spannende Alternative zu opulent besetzten Weihnachtsoratorien.
El Pessebre ist ein Weihnachtsoratorium, das sich von den bekannten Vertonungen der Weihnachtsgeschichte deutlich unterscheidet. Der weltberühmte Cellist Pablo Casals schrieb dieses Stück 1943 zusammen mit einem Freund, dem Dichter Joan Alavedra für dessen fünfjährige Tochter im südfranzösischen Exil.
Die Weihnachtsgeschichte wird aus Sicht der Krippenfiguren erzählt. Zugleich sollte es eine Friedensbotschaft in die Welt senden inmitten des Terrors von Franco, Hitler und den Nationalsozialisten. Enrique Casals, der Bruder von Pablo, orchestrierte das Stück und es wurde 1948 in Puerto Rico unter Pablo Casals‘ Leitung uraufgeführt. Die Originalfassung des Werks sieht in der orchestralen Version ein großbesetztes spätromantisches Symphonieorchester vor – was eine Hürde für die Aufführbarkeit des Stückes darstellt.
Statue zum Gedenken an Pau (Pablo) Casals’ 100. Geburtstag in Montserrat
Auf Wunsch von Marta Casals-Istomin, der Frau von Pablo Casals, erstellte Klaus Rothaupt 2006 eine Orgelbearbeitung, die es ermöglicht, das Werk mit fünf Vokalsolist*innen, Chor und Orgel aufzuführen. Die Orgelpartie ist auf einer gut besetzten, zweimanualigen Orgel mit Schwellwerk gut darstellbar. Damit wird das Oratorium auch für Chöre mit begrenzten räumlichen oder finanziellen Mitteln aufführbar und eine wirklich spannende Erweiterung des klassischen Weihnachtsrepertoires.
Einen überwältigenden Erfolg erreichte 2013 die Uraufführung der reduzierten Orgelfassung von El Pessebre, die mit dem Dirigenten Daniel Mestre, namhaften Solist*innen, katalanischen Chören der Region Barcelona und der Organistin Mercè Sanchís im Rahmen eines internationalen Orgel-Festivals Montserrat stattfand. Die neue Orgel mit fahrbarem Spieltisch in der Klosterkirche Montserrat bot dabei ideale Möglichkeiten für das gemeinsame Musizieren, erfüllte den Raum mit symphonischen Klängen und begleitete Solist*innen und Chöre, die den gesamten Altarraum einnahmen.
Die „Sardana“, der katalanische Nationaltanz, ist die Ouvertüre zu einer Folge von Arien, Chören und opernhaften Szenen. Die Musik bewegt sich in der Tonalität des 19. Jahrhunderts – sehr gut machbar für Kirchenchöre! Neben ergreifenden Chören wie „L´Éstel“ (der Stern) gibt es auch opernhaft witzige Szenen, wie beispielsweise ein Terzett der Pagen im Gefolge der Weisen aus dem Morgenland, die sich über den beschwerlichen Weg ärgern und beklagen. Auch Ochs und Esel kommen zu Wort. Alle, die sich auf den Weg zur Krippe machen, lassen in ergreifender Weise die Sehnsucht nach Frieden erklingen.
El Pessebre kann deutsch, englisch oder katalanisch gesungen werden. Die Solistenpartien und die Orgelpartie sind durchaus anspruchsvoll. Alternativ können einzelne Chöre durchaus auch separat im Gottesdienst aufgeführt werden.
Pablo Casals war zeitlebens ein Botschafter des Friedens, so ist es nur passend, dass sein alternativer Name „Pau“ im Katalanischen „Frieden“ bedeutet. Doppelt bezugsreich und eindrucksvoll endet der Schlusschor von El Pessebre mit dem fortissimo-Ausruf: „Pau!“
Dein Kommentar
An Diskussion beteiligen?Hinterlassen Sie uns Ihren Kommentar!