Chorische Gotteslästerung?

Karen Priebe lauscht gerne „Beethoven für Chor“

Die „Mondscheinsonate“, die Appassionata, eine Violinsonate für Chor? Muss das jetzt auch noch sein? Gibt es nicht genug fantastische „Originalmusik“ vom Jubilar? Ist das nicht sowas wie Gotteslästerung? Karen Priebe komme „vom Klavier“ und ist bekennende Klassik-Klaviermusik-Hörerin, daher sträubten sich ihr sofort die Nackenhaare, als sie die neue CD Beethoven für Chor in den Händen hielt. Natürlich hörte sie zunächst das Kyrie nach dem ersten Satz der Mondscheinsonate an – und war ab den ersten Takten verloren. Sie hat ihr Lieblingsstück gefunden…

Mein aktuelles Lieblingsstück ist die CD Beethoven für Chor. So leicht bringt mich nichts aus der Fassung, aber das Kyrie von der „Beethoven für Chor“-CD haut mich jedes Mal um und rührt mich zu Tränen. Die „Mondscheinsonate“, die Appassionata, eine Violinsonate für Chor? Muss das jetzt auch noch sein? Gibt es nicht genug fantastische „Originalmusik“ vom Jubilar? Ist das nicht sowas wie Gotteslästerung?

Ich komme „vom Klavier“ und bin bekennende Klassik-Klaviermusik-Hörerin, daher sträubten sich mir sofort die Nackenhaare, als ich zum ersten Mal von der neuen CD Beethoven für Chor hörte. Natürlich hörte ich zunächst das Kyrie nach dem ersten Satz der „Mondscheinsonate“ an – und war ab den ersten Takten verloren. Ich habe mein Lieblingsstück gefunden! Nach einer Dauerschleife von geschätzten 10 Wiederholungen habe ich dann auch die anderen Tracks angehört und erliege dem Eindruck: Das muss Beethoven selbst doch genau so geschrieben haben.

Hat er zum Teil auch: Tatsächlich finden sich unter den 19 meist relativ kurzen Stücken auf der CD einige von Beethoven für Chor geschriebene Originale und Fragmente, die stilsicher ergänzt wurden. Sowohl Zeitgenossen Beethovens als auch moderne Komponisten und Bearbeiter haben sich hier seiner Werke angenommen, Instrumentalstücke und Lieder arrangiert und damit einige zusätzliche Kleinode geschaffen. Dies sind keine epigonalen Reproduktionen.

Meine Beschäftigung mit diesen Arrangements führt außerdem dazu, manche Originalversionen mal wieder bewusster anzuhören, z.B. die Violinsonate Nr. 7 (vertont als Tränentrost, Nr. 18 auf der CD) oder den 2. Satz aus der 7. Sinfonie (Persischer Nachtgesang, Nr.16). Auch die zugrundeliegenden oder aufgesetzten Texte (nicht nur von Goethe, Schiller, Gellert) regen zur näheren Auseinandersetzung mit den Dichtern an. Die Vertonung des Erlkönig-Textes von Johann Wolfgang von Goethe (Nr. 6) ist ergreifend und kongenial: Ich hatte nicht erwartet, dass man die Spannung durch Stimmen-Verteilung und Stimm-Färbung im Chor noch so viel weiter steigern kann als man es von Rezitatoren der Ballade bereits kennt. Das Lied Ich liebe dich (Nr. 4) wird dagegen mit Ton- und Beatboxsilben durch die verschiedenen Chorstimmen wunderbar aufgelockert.

Das großartig zusammengestellte Programm beinhaltet eine wahre Vielfalt, in der auch ganz selbstverständlich in verschiedenen Sprachen gesungen wird. Der Deutsche Jugendkammerchor unter Florian Benfer bietet hier Gestaltung auf höchstem Niveau, bei vielen Stücken ergänzt durch die schlichte und einfühlsame Klavierbegleitung von Nicolai Krügel.

Als Chorsänger*in bekommt man dann auch richtig Lust, das eine oder andere Werk selbst zu erarbeiten; denn nicht nur jetzt zum Beethovenjahr sollte man diesen Genius würdigen. Die kleinen Pretiosen auf der CD sind (mit weiteren im Chorbuch Beethoven), selbst wenn das diesjährige Programm vielleicht schon durchgeplant ist, als hervorragendes Encore mit Wiedererkennungseffekt bei den Hörer*innen geeignet – und werden auch in den nächsten Jahren immer ein gern gehörter Programmpunkt sein.

Warum denn nicht mal im Weihnachtskonzert die Beethovensche Version des O du fröhliche (leider nicht auf der CD, aber im Chorbuch Beethoven enthalten) anstimmen lassen – oder Auld lang syne – auch das hat Beethoven bearbeitet. Es sei zudem auf das wunderbare Freude-Quodlibet von Gunnar Eriksson hingewiesen, ein humoristisches Schmankerl, das diverse Volkslieder wie Bruder Jakob mit DEM Motiv der 9. Sinfonie verbindet.

Und nun muss ich wieder zum CD-Spieler… Repeat drücken…

Nach einigen Jahren im Musikalien-Einzel- und Großhandel arbeitet Karen Priebe seit Februar 2020 im Vertrieb des Carus-Verlages. In ihrer Freizeit ist sie begeisterte „Leih-Tante“, Hundesitterin und Café-Besucherin und trifft sich gern mit Freunden zu spontanen Vom-Blatt-Spiel-Aktionen mit Gesang, Klavier und Rotwein.

 

Beethoven für Chor

 Von Auld Lang Syne aus der Feder Beethovens über ein Kyrie seines Zeitgenossen Bierey nach dem 1. Satz der berühmten „Mondscheinsonate“ bis hin zur modernen Liedtranskription von Clytus Gottwald – die CD versammelt weltliche und geistliche Chorsätze von ganz unterschiedlichem Ausdruck und vielseitiger Stilistik. Eine Entdeckung!

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