Trio – Terzett – Tricinium

Das Chorbuch a tre 2

Trio, Terzett, Tricinium, a tre – das Singen und Musizieren mit zwei hohen Stimmen und einer tiefen Stimme hat eine lan¬ge Tradition. Im Chorbereich hat sich der vierstimmige Satz zwar durchgesetzt, doch gab und gibt es immer wieder Werke für die Besetzung Sopran, Alt und Männerstimme. Im Carus-Katalog gibt es dazu eine Menge zu entdecken. Ein großer Fundus ist kürzlich neu hinzugekommen: Das neue Chorbuch a tre 2. Wir sprachen mit Reiner Schuhenn, Initiator und einer der vier Herausgeber*innen, über die Sammlung.

Herr Schuhenn, warum liegt Ihnen das dreistimmige Singen mit nur einer Männerstimme am Herzen?

Mit der dreistimmigen Literatur habe ich mich auseinandergesetzt, seit ich Chöre leite, denn diese leider etwas vernachlässigte Gattung hat mich aufgrund ihrer eigenen Klanglichkeit schon immer interessiert. Viele Chorleiterinnen und Chorleiter gehen allerdings meist nur „aus Besetzungsnot“ auf die Suche nach dreistimmiger Literatur, weil man das dreistimmige Singen als „chorischen Abstieg“ empfindet: Dreistimmig singt nur, wer es vierstimmig nicht mehr kann, Dreistimmigkeit als „zweite Liga“, so die häufige Meinung. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Die dreistimmige Literatur ist eine ureigene und jahrhundertalte Spezies – und oft in der Wiedergabe alles andere als anspruchslos… Wer in seinen Chorkonzerten immer nur vierstimmig singen lässt, gleicht einem Organisten, der immer nur Tutti spielt. Ein Chorkonzert wird dann für den Hörer interessant, wenn die Chorfarbe wechselt, wenn – ich bleibe beim Orgelbeispiel – umregistriert wird. Bereichert wird ein Konzertprogramm, wenn der Chor z.B. auch einen Frauenchorsatz einfließen lässt oder ein zweistimmiges Bicinium (z.B. von Praetorius), oder auch einmal Fünf- oder Mehrstimmiges erklingen lässt (soweit es die Besetzung zulässt) – oder eben dreistimmige Literatur aussucht. So versteht sich das Buch vor allem als ein Angebot zur Repertoirebereicherung.

Wie erklären Sie sich das große Interesse an dreistimmiger Chorliteratur?

Ein reines Corona-Phänomen? Nein, das ist nicht nur ein Corona-Phänomen. Für zahlreiche Chöre ist die Dreistimmigkeit seit vielen Jahren eine große Hilfe, das haben wir schon mit dem ersten Band „Chorbuch a tre“ gesehen, der bereits vor vielen Jahren erschienen ist. Corona war da nur ein Katalysator. Die Dreistimmigkeit ist für manche Chöre, die tatsächlich nur mehr wenige Männerstimmen aufweisen, eben eine wirklich willkommene „Alternative zum Aufhören“, weil es mit der Darstellung vierstimmiger Literatur nicht mehr geht. Dieser helfende Aspekt ist in der Tat ein weiterer willkommenerer Effekt dieser Literatur. Gut komponierte Dreistimmigkeit ist ebenso klangschön wie Vierstimmigkeit und hat einen ganz eigenen, bereichernden Charme – und das merken die Chöre sehr schnell. Es macht mehr Spaß, gut klingende originäre Dreistimmigkeit aufzuführen, als sich durch Vierstimmigkeit „hindurchzuquälen“. Manch modernere Sätze sind außerdem gut geeignet für junge Chöre, die noch nicht über profunde Bassstimmen verfügen, weil die Männerstimme eines dreistimmigen Satzes sich oft in einer angenehmen Baritonlage aufhält, wie z.B. in unserem neuen Chorbuch die Sätze zu Swing low, Hinematov oder das Calypso Gloria.

Das neue Chorbuch verfolgt im Gegensatz zum katholisch ausgerichteten Band 1 einen konsequent ökumenischen Ansatz. Wo macht sich das besonders bemerkbar?

Ein erster Schritt war, dass ich dem Verlag eine paritätische Herausgeberschaft vorgeschlagen hatte (zwei evangelische, zwei katholische Mitherausgeber). Ein weiterer Aspekt war, bei der Liedauswahl noch konsequenter als vorher auf sogenannte „Ö-Lieder“ zu schauen, also ökumenische Gesänge, die in beiden Konfessionen im liturgischen Kontext beheimatet sind. Gleichgeblieben ist, wie schon im Band 1, dass auch im Band 2 das komplette Kirchenjahr und ein Großteil der Tagzeitenliteratur abgebildet sind. Auch ein vollständiges Messordinarium kommt wieder vor (mit Alternativen). Noch ökumenischer wurden die Rufe zu Beginn und zum Abschluss eines Stundengebets (Laudes, Vesper, Komplet), die wieder aus Gründen der schnellen Auffindbarkeit im Innenteil des Einbands abgedruckt sind. Hier gibt es diesmal sowohl katholisch als auch evangelisch praktizierte Beiträge.

Das Repertoire umfasst Wiederentdeckungen, Neukompositionen und neue Arrangements bekannter Stücke – können Sie uns ein paar Highlights vorstellen?

Wir haben sehr darauf geachtet, dass sich zunächst einmal möglichst alle Stilepochen wiederfinden, angefangen von der Renaissance bis hin zu ganz aktuell geschriebenen Sätzen. Vielfalt war das Stichwort. Dass dabei auch Kompositionen aus dem Bereich „Neues Geistliches Lied“ (NGL) nicht fehlen dürfen, weil diese Gattung in vielen Gemeinden gelebte Realität ist, war dem Herausgeberteam ebenso klar. Interessant finde ich, dass auch Gesänge aus der „Worship-Szene“ dabei sind (z.B. Lothar Kosse) und Chorsätze im Gospel Style, u.a. von Friedemann Wutzler oder Jeff Guillen. Auch hat sich das Herausgeberteam entschlossen, ein paar „Klassiker“ der Literatur dem dreistimmig singenden Chor zugänglich zu machen, wie z.B. Händels berühmtes Halleluja aus dem Messias, der Satz Aller Augen warten auf dich, Herre von Schütz oder das Ave verum von Elgar. Dass man dazu in die gewohnten Stimmführungen dieser Werke eingreifen musste, war uns durchaus bewusst; das Ergebnis aber war es uns dennoch wert. In dem Band kommen auch zahlreiche neue Sätze zu alten Liedern des Kirchenjahres vor. Und natürlich „Klassiker der Gegenwart“ wie Rutter oder Chilcott. Das Repertoire wurde um einige Neuvertonungen erweitert, wie z.B. der Sonnengesang des heiligen Franz von Assisi. Die beliebte Kategorie Abendlieder wurde wieder gut bedient, mit Stücken wie Guten Abend, gut Nacht oder der Abendsegen (Detterbeck). Wichtig war uns auch, dreistimmige Kanons oder Circlesongs aufzunehmen, weil sie nicht nur die Auswahl bereichern, sondern leicht zu realisieren sind und den Chören viel Spaß machen.

Im Chorbuch a tre 2 gibt es quasi zu allen Werken eine klaviertaugliche Begleitstimme. Was war dabei die Intention?

Ein besonderes Markenzeichen ist, dass alle Sätze mit einem Tasteninstrument versehen werden, das hat drei Gründe. Erstens ist es eine Reaktion auf mehrere Rückmeldungen zum ersten Band, zweitens gibt ein Tasteninstrument einem Chor, der ehedem schon dünn besetzt ist, etwas mehr Halt bei der Aufführung und Einstudierung. Und drittens lassen sich so für den Komponisten harmonisch interessante vier-und fünfstimmige Harmonien und Akkorde realisieren, die a cappella nicht möglich wären. Dies steigert die Farbigkeit, ohne dabei das Charakteristikum der Dreistimmigkeit „zu verraten“. Bei einigen Chorstücken ist das Tasteninstrument kein Muss, sondern nur ein Angebot. Meine Kölner Messe z.B. ist durchaus auch a cappella aufführbar (und der Klaviersatz kommt dann nur beim Einstudieren zur Geltung).

Vielen Dank für das Gespräch!

Chorbuch a tre. Band 2
Reiner Schuhenn
Carus 2.125/00

Reiner Schuhenn, Chorleiter, langjähriger Chorleitungsprofessor und Rektor der HfMT Köln ist Initiator und Herausgeber zweier Chorleitungsbücher und der beiden „Chorbücher a tre“, die dem Singen im Gottesdienst neue Impulse geben.

Weitere Chorbücher

Chorbuch a tre. Band 1

Das Chorbuch a tre ist eine aktuelle und umfassende Sammlung für das Musizieren im Gottesdienst in dreistimmigen Chorsätzen. Über Jahrhunderte hinweg entstanden interessante Chorwerke für diese Besetzung und gerade heute suchen immer mehr Kirchenchöre beider Konfessionen nach guten und wirkungsvollen Sätzen mit nur einer Männerstimme.

Chorbuch Kirchenjahr

Chorbuch Kirchenjahr

Das Chorbuch Kirchenjahr fasst das kirchenmusikalische Basisrepertoire der A-cappella-Chormusik zusammen. Auf 184 Seiten werden 158 Chorsätze angeboten. Die ausgewählten Lieder und Choralsätze, deutsche und lateinische Motetten, Spirituals und Neue Geistliche Lieder sind von einfachem bis mittlerem Schwierigkeitsgrad, sodass die meisten Stücke mit wenig Probezeit einstudiert werden können. Das Repertoire ist praxisnah und reicht von der Renaissance bis ins 20. Jahrhundert. Mit dieser bei Bestellung in Chorstärke preisgünstigen Sammlung ist ein Chor über Jahre hinaus für die Gottesdienste im Kirchenjahr und auch für geistliche Konzerte bestens gerüstet.

Chorbuch Advent

Chorbuch Advent In der Nachfolge des inzwischen zum Klassiker gewordenen Freiburger Chorbuchs entstand das für die vorweihnachtliche Zeit konzipierte Chorbuch Advent. Das Chorbuch orientiert sich an der musikalischen Basis und bietet Chorleitern ein wertvolles Instrument zur Ausgestaltung verschiedener Gottesdienstformen. In stilistischer Hinsicht reicht die Auswahl der Werke vom 16. Jahrhundert bis zu zeitgenössischen Kompositionen. Die Suche nach geeigneten Werken wird durch die Aufschlüsselung des Inhalts nach Besetzungen, durch das Stichwortregister sowie die Angabe der Schriftstellen aus dem Alten und Neuen Testament erleichtert.

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